So läuft der kostenlose Gebäudecheck
HARSEFELD. Seit 2001 lebt Rentner Gerd-Dieter Spiller mit seiner Frau Ilse in einem Einfamilienhaus An der Steinriehe im Flecken Harsefeld. Um herauszufinden, wo sich an und in dem Objekt noch Energie sparen lässt, haben sie Berater Werner Neumann von der Verbraucherzentrale eingeladen. Dank einer Aktion des Vereins Klimawerkstatt zahlt das Ehepaar für den Gebäudecheck keinen Cent.
Zu zweit bewohnen die Spillers 105 Quadratmeter. Einen Keller gibt es nicht, aber ein Teil des Dachbodens ist ausgebaut. Auf dem Dach befindet sich eine Solarzelle zur Warmwasser-Aufbereitung. Der Hausherr agiert energie- und preisbewusst, nutzt regelmäßig Vergleichsportale im Internet. Die Rollenkästen sind gedämmt, Sparlampen eingesetzt, Elektrogeräte über Nacht anstatt im Standby-Modus komplett abgeschaltet. Zwei 500-Liter-Tanks fangen das Regenwasser auf. „Ich achte schon darauf und sehe mich deshalb auf der positiven Seite“, sagt Gerd-Dieter Spiller. Stromfresser wie Sauna, Solarium oder Aquarium hat er keine
Nachdem er in der Zeitung von der Möglichkeit des kostenlosen Gebäudechecks gelesen hatte, stellte sich der Rentner trotzdem die Frage: „Ist da nicht doch noch mehr Einsparpotenzial?“ Architekt Werner Neumann soll die Antwort liefern. Seit 20 Jahren berät er im Auftrag der Verbraucherzentrale Stade. Am Wohnzimmertisch hat er seinen Laptop aufgeklappt und lässt sich vom Gastgeber die Energieabrechnungen der vergangenen Jahre erläutern. Die Daten landen in einem speziellen Rechenprogramm. Beim Stromverbrauch, der 2016 bei 2377 Kilowattstunden lag, ist die Sache klar: „Da gibt es kaum noch Einsparpotenzial“, sagt Werner Neumann. Auch der Heizenergieverbrauch von 66 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr liegt im grünen Bereich: „Das entspricht heutigem Neubau-Niveau.“
Viele Elektrogeräte wie Herd, Ofen und Geschirrspüler sind zwar noch vom Einzug 2001, aber weiterhin völlig intakt. Die Waschmaschine hat sogar schon 20 Jahre auf dem Buckel. GerdDieter Spiller muss nicht zwingend die neuesten Modelle haben: „Wenn keine Notwendigkeit für einen Austausch besteht, sage ich mir auch: Was soll’s.“ Der Berater hält das aus Klimaschutzgründen für eine kluge Entscheidung, denn die Herstellung und Entsorgung kostet ebenfalls Energie.
Die Liste der Punkte, die besprochen werden, damit ein aussagekräftiges Gesamtbild entsteht, ist lang. „Sind die Fensterund Türdichtungen intakt?“, will Werner Neumann wissen. Zugluft gelte als ein Indikator dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist. Gerd-Dieter Spiller aber kann nicht klagen. Er hat vor ein paar Jahren bei den Stadtwerken Stade sogar Infrarotbilder seines freistehenden Einfamilienhauses in Auftrag gegeben. Sie zeigen anhand einer Farbskala, wo besonders viel Energie durch die Gebäudehülle nach außen entweicht. Damals fürchtete er, dass das Walmdach eine Schwachstelle sein könne. Der Verdacht hat sich nicht bestätigt.
Vor zwei Wochen hat der Rentner einen neuen Heizkessel bekommen. Werner Neumann nimmt das Gerät unter die Lupe. Hier gebe es höchstens bei den Einstellungen ein kleines Einsparpotenzial, sagt er. Zurzeit erwärmt der Boiler das Wasser konstant auf 60 Grad Celsius. Wenn die Sonne scheint, produziert die Solarzelle auf dem Dach den Strom dafür. Bei schlechtem Wetter wird jedoch das Netz angezapft und der Zähler läuft. „Überlegen Sie mal, ob auch nur 50 Grad reicht“, rät der Experte. Ein weiterer Tipp: Weil das Haus ordentlich gedämmt ist, könnte die bislang sieben Stunden umfassende nächtliche Temperaturabsenkung der Heizungsanlage verlängert werden. „Bei Ihnen lässt sich auch mit einer Nachtabschaltung arbeiten, ohne dass die Wohnräume auskühlen“, empfiehlt Werner Neumann. Vielleicht lasse sich der Jahresverbrauch so von 66 Kilowattstunden auf 55 oder 50 reduzieren. Nach einer Stunde hat der Berater alle relevanten Informationen zusammengetragen. Die Ergebnisse des Treffens fasst er noch am selben Tag in einer dreiseitigen Analyse zusammen, die Gerd-Dieter Spiller per Post zugesandt wird. Sollte der Hausherr nun konkrete Maßnahmen ins Auge fassen, könnte er sich von Werner Neumann dabei begleiten lassen.
„Ich bin zufrieden“, sagt der Rentner, der seinen Eindruck bestätigt sieht, in Sachen Energiesparen auf einem vorbildlichen Weg zu sein. Mit seinem Heizungsinstallateur möchte er aber noch über die Nachtabschaltung der Heizungsanlage und die Wassertemperatur im Kessel sprechen. Werner Neumann hat derweil noch 36 Anmeldungen von Bürgern für den kostenlosen Gebäudecheck abzuarbeiten. Als die Aktion imm vergangenen Jahr startete, zählte die Warteliste zeitweise bis zu 100 Klienten.