Sie ist die Frau für den Klimaschutz
STADE. Wenn Silvia Groth ihren Job in den kommenden Jahren richtig gut macht, wird es ihren Arbeitsplatz so womöglich bald nicht mehr geben. Eine Krux? Nein. Die Geschäftsführerin der Klimawerkstatt Stade nimmt das Risiko in Kauf.
Silvia Groth arbeitet mit der Klimawerkstatt daran, dass der Klimaschutz hier im Landkreis Stade noch mehr ins Bewusstsein der Menschen rückt. Bis der Arbeitsplatz von Silvia Groth ernsthaft in Gefahr gerät, dauert es aber noch eine Weile. Was sie und der gemeinnützige Verein Klimawerkstatt Stade täglich machen, muss erst mal in die Köpfe der Menschen hinein. Groth platziert die Agenda des Vereins in der Öffentlichkeit.
Seit sieben Jahren, seit der Gründung der Klimawerkstatt Stade, arbeiten sie und ihre Mitstreiter daran. Firmen und Privatleute haben die Angebote der Klimawerkstatt bereits in Anspruch genommen. Einige wissen aber gar nicht, dass es sie gibt. „Die Jüngeren wachsen mit dem Klimaschutz im Bewusstsein auf. Das Thema wird sich verselbstständigen. Eventuell wird irgendwann die Beratung überflüssig“, sagt Silvia Groth. Die Stadtwerke aus Stade und Buxtehude, ein paar mittelständische Unternehmen der Region und einige Banken und Sparkassen haben die Klimawerkstatt vor sieben Jahren gegründet. Heute besitzen 16 Mitglieder Stimmrecht im Verein. In den Jahren sind die Städte Stade und Buxtehude dazugekommen. Elf Mitglieder sind ohne Stimmrecht bei der Klimawerkstatt dabei. Darunter einige Kommunen, Wirtschaftsförderer, Handwerker und die Berufsbildenden Schulen. Die Energiewende und die durch die Bundesregierung auferlegten Klimaschutzmaßnahmen hatten die Unternehmer zur Gründung der Klimawerkstatt bewegt.
Der heutige Vorsitzende Frank Bünte gilt in der Region als Ideengeber. Er nahm die entscheidenden Impulse bei einer Messe in Dänemark mit. Doch was sind die Impulse, die die Klimawerkstatt geben will?
Verein setzt sich vier Ziele
Im Kern setzte sich der Verein vor sieben Jahren vier Ziele. Er will die Energiewende im Landkreis Stade fördern. Er will auch die Wertschöpfung vor Ort fördern. Er will in der Region die Klimaschutzziele unterstützen. Und er will die Energiekosten und den Energieverbrauch durch gesteigerte Energieeffizienz bei Wohngebäuden, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen senken. Wie macht der Verein das? „Den Klimaschutz in die Köpfe zu bekommen, ist schwer“, sagt Silvia Groth. Warum? „Wenn ich heute etwas für den Klimaschutz mache, ist nicht sofort ein Effekt da.“ Die Klimawerkstatt wirbt gezielt bei Otto-Normal-Verbraucher und in Unternehmen die Werbetrommel. In Privathaushalten vermittelt sie Beratungsgespräche in Kooperation mit der Verbraucherzentrale. Die Themen sind so konkret wie möglich. Ein Trumpf der Klimawerkstatt: Die Beratungen sind kostenlos, gefördert durch das Bundesumweltministerium. Konkretes Beispiel: Otto-Normal-Verbraucher meldet bei der Klimawerkstatt Interesse für ein Beratungsgespräch an. Ist die Wärmedämmung in meinem Haus gut? Wie effektiv sind meine elektrischen Geräte, wie arbeitet meine Heizung? Könnte ich erneuerbare Energien einsetzen? Ein Energieberater ruft zurück und spricht einen Vor-Ort-Termin ab.
Zu wenig Berater im Landkreis
Drei Berater gibt es im Landkreis Stade. Zu wenig. „Ich konnte die Beratungsgespräche lange Zeit nicht aktiv bewerben. Erst in den vergangenen Wochen wieder“, sagt Silvia Groth. Es sei nicht einfach, Berater zu werden. Das sind ausgewiesene Fachleute. Die Hürden sind hoch. Auf die Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale legt die Klimawerkstatt viel Wert. Das gewährleiste eine neutrale Beratung. Seit dem Jahr 2016 zählt die Klimawerkstatt 2000 Beratungen. „2000 sind gut im Vergleich zu anderen Landkreisen. Die Anfragen sind da. Wir könnten mehr machen“, sagt Silvia Groth.
Handwerker sind ausgebucht
Die aktuelle Energiekrise habe die Menschen sensibler gemacht für Klimathemen. „Aber manche Menschen sind auch verzweifelt oder frustriert, obwohl sie motiviert sind“, sagt Silvia Groth. Einige wollten nach den Gesprächen mit den Beratern privat etwas umsetzen. Aber die Handwerker seien ausgebucht. Die Aufträge in der Region zu halten, ist einer der Kerngedanken der Klimawerkstatt. Das ist Wertschöpfung. Mit dem Projekt „Ökoprofit“ spricht die Klimawerkstatt zudem Unternehmen an. Dabei helfen Energieberater den Betrieben beim Umweltmanagement und führen sie zur Energieeffizienz. Sie zeigen ihnen, wie sie Energie und Geld sparen können. Mit einem neuen Fuhrpark vielleicht. Oder einer Photovoltaikanlage. Sind die Unternehmen erst mal „Ökoprofit“-zertifiziert haben sie sogar Vorteile bei öffentlichen Ausschreibungen. Vor allem bei Aufträgen von der öffentlichen Hand. 2023 wird die Klimawerkstatt wieder verstärkt die Schulen in der Region ansprechen und dort ihre Klimathemen platzieren. Silvia Groth hat eine Photovoltaikanlage auf ihrem eigenen Dach.
Ihre Kinder, sagt sie, wüssten, wann sie das Licht auszuschalten haben. Silvia Groth lebt mit ihrer Familie auf dem Land. Der öffentliche Nahverkehr ist so schlecht, dass sie um ein Auto nicht herumkommt. Ein bezahlbares, umweltfreundlicheres Familienauto zu finden, sei nicht einfach. Es gibt noch eine Menge Arbeit. Silvia Groth wird nicht müde. Ein paar Jahre lang wird ihr Job wohl noch unverzichtbar sein.